Vorsorge statt Rücksicht (Achtung: Glosse!)

Susanne Borée, Porträt, boree.de, Evangelisches Sonntagsblatt aus BayernJetzt ist es höchste Zeit, um Wolldecken und Heizlüfter zu kaufen! Denn der nächste Winter wird kalt. Das klingt wie eine Binsenwahrheit, ist aber eine aktuelle Bedrohung: Niemand weiß, ob es genug Gas in den Speichern gibt. Über die Steckdose und den Heizlüfter ein warmes Zimmer zu bekommen – das ist zwar geradezu das Gegenteil von Nachhaltigkeit, doch spiegelt es besonders gut unseren Lebensstil wider: Nehmen, was geht. Vorsorgen ohne nachzudenken. Strom wird es wohl im Winter noch mehr als Gas geben – zumal, wenn die Laufzeit der Atomkraftwerke so verlängert wird, wie immer öfter gefordert. Wozu grundlegend umdenken? =>

„Achsenzeit“ drehte religiöse Ideen

„Der Prophet“ von Jakob Steinhardt im Berliner Centrum Judaicum (Detail). Foto: epd/F„Der Ursprung der Religion“ – einfach mal so erklärbar? Nein, schnell bestimmt nicht. Robert N. Bellah benötigt dafür in seinem gleichnamigen Buch rund 900 Seiten. Das erste Fünftel besteht aus einer intensiven Einleitung. Wörtlich geht der amerikanische Soziologe († 2013) zum Urknall zurück. Der Mensch ist in seinem Werk  eingebunden in die Entwicklung des gesamten Lebens. Ein Durchlauf durch die Evolution und tierische Verhaltensformen folgt: Spiel und Ritual ähneln sich dabei in ihrer Ausrichtung und ihrer entlastenden Funktion. Bellah interessiert sich da besonders für die normative Prägung der Gesellschaft. Dies geschieht nun durch eine religiöse, aber übergreifende und identitäts- stiftende Überzeugung. Sie wird durch gemeinsame Symbole und Riten gestärkt. Dann aber geschah der Umbruch … =>

Mit Debora und Salomo im Gleichgewicht

Bibelyoga im Rothenburger Wildbad mit Günter Kusch und Andrea KönigTräumen mit Salomo – aufwachen mit Debora? Wie die Richterin im alten Israel konnten sich die Teilnehmenden der Fortbildung „Die Bibel sportlich nehmen“ aufrichten, auf den Weg machen und ihren Kampf beginnen. Im Rothenburger Wildbad aktivierten Dehnübungen für die Waden nicht nur die Unterschenkel. Nein, sie halfen besser als eine Tasse Kaffee, um neue Energie in sich zu spüren. Debora saß im vorstaatlichen Israel (Richter 4 und 5) zunächst auf einem Gebirge unter einer Palme und traf Entscheidungen in vielen Lebensfragen: Dann stand sie auf gegen die Unterdrücker des Volkes =>

Johannisnacht als Wendepunkt gegen Verblendung

Susanne Borée, Porträt, boree.de, Evangelisches Sonntagsblatt aus BayernBöse Geister schienen erwacht zu sein: Bei einem besonders blutigen Tanz um das Johannisfeuer – damals vor genau hundert Jahren: Am 24. Juni 1922 ermordeten Rechtsradikale Außenminister Walter Rathenau nach jahrelangen Hassdrohungen. Trotzdem lehnte er Polizeischutz ab. „Warum sucht denn jemand sein Glück in der Verfolgung seines Nächsten?“, so fragte er einst. „Weil es ihn tröstet und erhebt, sich über andere zu stellen. Glückliche Menschen sind das nicht.“ =>

Wer die Autorität in letzten Dingen hat

Daniel Schönwald (links) vom Landeskirchlichen Archiv und Daniel Burger vom Staatsarchiv Nürnberg führen in die Ausstellung ein. Hinter ihnen der Konflikt um die absolutistische Einmischung in Glaubensfragen. Foto: BoréeDurfte ein Landesherr mal eben so den Beichtvater wechseln? Die Frage erscheint uns heute in mehrfacher Hinsicht bizarr: Natürlich, wohl jeder darf es, wenn ein Vertrauensverhältnis zerrüttet ist – so die intuitive Reaktion, die wohl heute mehrheitsfähig wäre. Niemand! So die kirchliche Forderung im Markgraftum Ansbach vor 200 Jahren. In der aktuellen Ausstellung des Landeskirchlichen Archivs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zusammen mit dem Staatsarchiv Nürnberg nimmt dieser längst vergangene Streit fast eine Vitrine ein. Moment mal! =>

Kommentar: Wozu die „scharf geschliffnen Waffen“ helfen

Susanne Borée, Porträt, boree.de, Evangelisches Sonntagsblatt aus BayernRumpelstilzchen ist zurückgekehrt. Schon lange vor den Johannis-Woche tanzt es um allerlei nächtliche Feuer – ergeht sich in unangemessenen Forderungen, plärrt herum,  hat seine Emotionen nicht im Griff – und zerreißt sich schließlich selbst vor Wut. Dagegen haben es die Feuerzungen des Heiligen Geistes nicht so leicht: Erleuchtung – Buße – Gemeinschaft: Schön wäre es. Corona oder Krieg – oder wohl gleich auch in einer nächsten Krise  – überall Rechthaberei und Aggressionen. Wer schreit, hat Unrecht: Dieser Grundsatz scheint schon längst nicht mehr zu gelten. Gut, entsprechende Seiten im Internet lassen sich auch ausblenden. Bei direkten Kontakten ist das natürlich schwieriger. =>

Heilig – verspielt – frei

Kruzifix von Tilman Riemenschneider, aus Würzburg 1515/20Vom Alptraum Karl Augusts von Hardenberg berichtet Martin Ott im Katalog der neuen Landesausstellung „Typisch Franken?“: Der Staatsreformer organisierte ab 1790 die Übergabe der Markgrafentümer Ansbach und Bayreuth an Preußen. Für ihn herrschte blankes Chaos in diesen fränkischen Territorien. Denn sie beherrschten für den Preußen kein einheitliches Territorium. Durchlöchert wie ein Schweizer Käse erschienen ihm selbst diese größeren Herrschaftsgebiete in Franken. Streubesitz anderer Herrschaften bis hin zu Reichsrittern, die gerade mal ein Dorf beherrschten, oder alle möglichen ausgegliederten Rechtskreise, die einander durchdrangen und überschritten, machten ihm sichtlich Mühe. =>

Neu motiviert „schwimmen zu lernen“

Mitarbeitender der Diakoneo-Werkstatt Rothenburg am ComputerIn der Rothenburger Werkstatt der Diakoneo rattern die modernen Stickmaschinen weiter – obwohl gerade Pause ist. Dazu gab es heute sogar ein Eis. Das haben die Mitarbeitenden sich zuvor selbst besorgt. Auch dieses Einüben lebenspraktischer Fähigkeiten gehört zum Konzept, erklärt Stefanie Zeisel, die die Textilwerkstatt leitet und auch als Abteilungsleitung für die gesamte Werkstatt Rothenburg zuständig ist. Dann eilen alle wieder zu ihren Plätzen: Es gibt dort eine Zehn-Farben-Stickmaschine, computergesteuerte Nähmaschinen und einen besonderen Arbeitsbereich zum individuellen Bedrucken von T-Shirts, Tassen, ja sogar Thermosflaschen. Von einem Computer aus lassen sich die Maßanfertigungen exakt steuern – für Vereine, Unternehmen oder Junggesellenabschiede. =>

Gottes Tun – erweckt mir alle Sinnen

Susanne Borée, Porträt, boree.de, Evangelisches Sonntagsblatt aus BayernWarum bis zum Ende durchhalten? Bis zur 12. Strophe schaffen es nur wenige Chöre und Gemeinden. „Doch gleichwohl will ich, weil ich noch / hier trage dieses Leibes Joch, / auch nicht gar stille schweigen.“ So beginnt eine der unbekannteren Strophen von Paul Gerhardts Sommerlied „Geh‘ aus mein Herz und suche Freud“. Da sind die ersten Verse viel sinnenfroher. Sie schildern das Ergrünen der Natur und die Antwort aller Geschöpfe darauf. Doch beginnt nun die Klage eines Menschen, der wenige Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg vom Leidens-„Joch“ geprägt erscheint? =>

Gesänge vom Verlust des Garten Eden

Buchcover Afrikanische Literatur, Literaturnobelpreisträger GurnahZu fernen Horizonten bricht die Karawane auf – unter lauten Klängen von Trommeln und Hörnern. Von der Küste Ostafrikas reist sie ins Landesinnere zu den großen Seen: Es ist allerdings keine Reise in die Welt von Tausendundeiner Nacht – auch keine Entdeckungsfahrt: Arabisch geprägte Händler bringen den Kiswahili-Völkern und den Massai eiserne Spaten und Baumwollstoffe – zum eigenen Profit. Mit dabei: der heranwachsende Yusuf, von seinen Eltern zur Bezahlung ihrer Schulden an einen arabischen Händler übergeben. Wie er in dieser Welt seinen eigenen Rhythmus findet, das erzählt Abdulrazak Gurnah, Literaturnobelpreisträger von 2021, mit poetischer Kraft. In einer breit aufgefächerten Ballade besingt er in „Das Verlorene Paradies“ eine Welt im Umbruch. =>