Der Duft entführt mich in einen Sommergarten: Es ist früher Morgen, noch ist es lau. Ein sanftes Lüftchen kommt auf – schwül soll es heute nicht werden. Ganz im Gegensatz zu meinem Büro, aus dem ich die Hitze nicht mehr durch Lüften herausbekomme. Draußen ist es fast noch stickiger. Am Himmel wird es zwar zunehmend düster, doch das erlösende Gewitter kommt und kommt einfach nicht. Noch einmal schnuppere ich an meinen Handgelenken: Denn ich habe sie mit Rosenöl benetzt. Das wirkt beruhigend und entspannend bei Stress und hellt eine gedrückte Stimmung auf, … =>
Kultur oder Kühle, Heimat oder Hilfe finden – was bleibt von Kirchen?
Bleiben vom Christentum himmelstürmende gotische Kirche, imposante Barockbauten oder moderne architektonische Wunderwerke an Gotteshäusern als kulturelle Höhepunkte der gebildeten Urlaubsreise? Durch sie schieben sich gerade zur sommerlichen Urlaubszeit Menschenmassen, die ein wenig Kühle nach der Besichtigung der sonnendurchglühten Altstadt finden. Schnell noch eine Kerze anzünden – aber bloß nicht zu lange bleiben: Hinter ihnen drängen Massen nach, die auch Kultur tanken wollen. Ist das die Religiosität der Zukunft, die sie die meisten Befragten der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU 6) wünschen? Nicht nur hier in Rothenburg bringen kirchenmusikalische Ereignisse im Sommer oder im Advent eine Anzahl von Gästen in die Kirche, wie sie beim Sonntagsgottesdienst längst nicht mehr erhofft wird. =>
Neue Wege statt altbackene Werbung
Dümmlich und altbacken – so stehen sie gerade überall am Wegesrand: Gemeint sind die Plakate zur Europawahl, und zwar durch die Bank aller Parteien. Es ist, als würden sie darum wetteifern, wer das einfallsloseste Plakat mit nichtssagenden Parolen und schlechten Fotos hat. Die Fernsehwerbung der Parteien erscheint auch nicht besser. Doch im Gegensatz zu den Wahlplakaten kann man ihr wenigstens aus dem Weg gehen. Da mir meine Lebenszeit zu schade ist, zumindest eine repräsentative Auswahl davon anzusehen, halte ich es für wahrscheinlich, dass ich einfach die ein oder zwei guten Spots nicht erwischt habe. =>
Die Würde des Menschen – was heißt das?
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ So betont es gleich der erste Artikel des Grundgesetzes. Es wurde vor 75 Jahren, am 23. Mai 1949, verabschiedet. Können wir heute einem Gegenüber mit anderen Ansichten noch respektvoll begegnen? Oder lieber sie oder ihn abwerten – und gleich niederschlagen? Wenig erscheint nun so antastbar wie gerade die Würde eines Menschen: An der Schwelle des Todes etwa … =>
Aufstehen zum neuen Leben
„Steh auf und geh!“, diese Aufforderung Jesu an den Gelähmten am Teich Betesda (Joh 5, 8) gewinnt aktuell eine ganz neue Bedeutung für mich. Denn immer noch sorgt mein kranker Zeh dafür, dass ich nicht richtig auftreten darf und kann. Da bin ich inzwischen froh und dankbar, dass ich nun die Verse des kranken Fußes belasten darf. Auch so hinke ich natürlich immer noch arg, aber es geht voran! So lerne ich weiterhin eine neue Achtsamkeit auch für die kleinen Dinge. Und es geschieht bei mir ein neues Nachdenken darüber, welche Wege gerade wirklich notwendig sind. Ich lerne zu unterscheiden, was sich auch aufschieben lässt oder gar überflüssig ist? =>
Bitte um Geduld und Kraft
„Herr gib mir Geduld – aber zackig!“ Seit Jahren nutze ich diese Kaffeetasse, die mir eine Kollegin schenkte, in der Redaktion. Nur im Moment nicht. Denn leider arbeite ich gerade von zu Hause. Ich bin nur mit Krücken unterwegs, da ich gerade eine Operation am Zeh hinter mir habe. Dank Internet muss ich mich gar nicht mehr auf den Weg in die Redaktion machen, der für mich nun so mühsam wäre. Trotzdem würde ich meine Krücken am liebsten entnervt in die Ecke pfeffern. Denn mit ihnen geht alles so viel langsamer und mühevoller. Und selbst ein zweiter Zeh benötigt vier lange Wochen, bis der Knochen wieder zusammengewachsen ist. Damit alles gut verheilt, darf ich gerade nur ein klein wenig die Ferse belasten. Das hätte ich nicht gedacht, dass ein Zehchen mich so aus dem Alltag holen kann! Nun also ein Intensivkurs in Geduld! =>
Gedenken und Klage
Nein, es macht einfach keinen Spaß mehr! Wie viel Leid allein in dieser Sonntagsblatt-Ausgabe versammelt ist! Es scheint alles zusammen zu kommen. Armenier aus Berg-Karabach wurden vertrieben und konnten nur mitnehmen, was sie tragen konnten oder höchstens das, was in ihr Auto neben allen Familienangehörigen passte. Außerdem jährt sich an diesem Wochenende der Ausbruch des Ukraine-Krieges schon zum zweiten Mal. Kaum eine Woche später, am 1. März, steht Palästina im Mittelpunkt des Weltgebetstages der Frauen.
Uns macht der Blick auf all die unlösbaren Krisen und Konflikte aus der Ferne keinen Spaß mehr – aber was ist mit den Menschen, die sie erleiden müssen? Dieser 2. Sonntag der Passionszeit trägt seinen Namen nach den lateinischen Eingangsworten des Psalms: „Denk an dein Erbarmen, Herr!“ Es bleibt nur die Klage! =>
Hoffnung auf die zunehmende Kraft der Sonne
Es wird wieder heller. Inzwischen ist es schon deutlich spürbar: Wenn ich abends aus der Redaktion komme, ist es oft noch draußen hell oder wenigstens dämmrig. Kein Wunder, Maria Lichtmess ist da – 40 Tage nach Heiligabend. Ein neues Produktionsjahr begann an diesem Datum gerade für Mägde und Knechte, die sich neu verdingen konnten oder weiter beschäftigt wurden. Nun begaben sie sich aus der Spinnstube nach draußen, um den Acker für die neue Aussaat vorzubereiten. Nächste Woche feiern wir Fasching und den Valentinstag ausgerechnet am Aschermittwoch – und dann steht auch schon die Passionszeit in den Startlöchern – und mit ihr hoffentlich der Vorfrühling. =>
Sehnsucht nach Heimat trotz aller Verstrickungen
Ein „Gast auf Erden“ zu sein – dieses Motiv beschäftigte nicht nur Paul Gerhardt in seinem bekannten Kirchenlied. Nein, es zieht sich durch viele neutestamentliche Texte: Die wahre Heimat der Christen findet sich im Himmel. In der Welt sind sie Fremde wie Abraham, der mitsamt seinem Gefolge von Gott aus seiner alten Heimat herausgerufen worden war – um ins Verheißene Land zu ziehen. Vielleicht ließe sich unsere Lebenssituation aber weder als Wanderung Abrahams aus Ur noch mit dem Aufbruch Israels aus Ägypten beschreiben: Vielleicht – welch ketzerischer Gedanke – sind wir wie der umherirrende Kain. Auch zu ihm und Ahasver gibt es in dem Migrations-Band einen Aufsatz – allerdings mit anderer Zielsetzung. Doch setzte sich diese Verknüpfung beim Blick in das Inhaltsverzeichnis in mir fest. =>
„Die Nacht ist vorgedrungen“ – auch für unsere Zukunft?
„Morgen, Kinder, wird‘s nichts geben! Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.“ Während ich diese Worte der Nachdichtung Erich Kästners vor mich hin summe, wandern meine Gedanken: Hatten wir das nicht schon mal? Richtig, in der Adventszeit 2010 begann ich so meinen Kommentar über Spaltungen in der Gesellschaft. Das gab es offenbar schon vor 13 Jahren. Damals war noch nicht vorstellbar, welche Verteilungskämpfe nun toben. „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ – hört irgendwer zu? Es müsste mehr Geld verteilt werden, als vorhanden ist – bekanntlich stoppte das Bundesverfassungsgericht die Ausgabe von 60 Milliarden Euro an umgewidmeten Krediten. =>