Fromme Frauen in Abwehr des Missbrauchs

Die heilige Formaïda von Alexandrien (Mittelbild, umrankt von 16 Szenen aus ihrem Leben und Sterben), russische Ikonen aus dem 18. Jahrhundert. Foto: BoréeWenn das kein klassischer Missbrauchsfall war! Der eigene Schwiegervater stellte Formaïda nach! Dabei tötete er die 15-Jährige mit dem Schwert – so die Legende. Dass sie in diesem Alter verheiratet war, erscheint normal – wirklich freiwillig? Doch nach ihrem Tod gelang ihr eine erstaunliche Karriere: Sie wurde schnell zur Heiligen. Und das, obwohl ihr Tod nicht im engeren Sinne aus dem Bekenntnis zu Christus begründet ist. Ihr Los trug sich gerade zum Ende des Römischen Reiches zu – um das Jahr 476 in Alexandria, als es schon christianisiert war. =>

Gedenken und Klage

Susanne Borée, Porträt, boree.de, Evangelisches Sonntagsblatt aus BayernNein, es macht einfach keinen Spaß mehr! Wie viel Leid allein in dieser Sonntagsblatt-Ausgabe versammelt ist! Es scheint alles zusammen zu kommen. Armenier aus Berg-Karabach wurden vertrieben und konnten nur mitnehmen, was sie tragen konnten oder höchstens das, was in ihr Auto neben allen Familienangehörigen passte. Außerdem jährt sich an diesem Wochenende der Ausbruch des Ukraine-Krieges schon zum zweiten Mal. Kaum eine Woche später, am 1. März, steht Palästina im Mittelpunkt des Weltgebetstages der Frauen.

Uns macht der Blick auf all die unlösbaren Krisen und Konflikte aus der Ferne keinen Spaß mehr – aber was ist mit den Menschen, die sie erleiden müssen? Dieser 2. Sonntag der Passionszeit trägt seinen Namen nach den lateinischen Eingangsworten des Psalms: „Denk an dein Erbarmen, Herr!“ Es bleibt nur die Klage! =>

Armenien: Spurensuche im Herzen der Gewalt

Armenisches Kind nach historischem Massaker zu unserem Artikel im April 2015 über Armenien. Foto: Archiv SoblWas hat ein exotisches Gebiet im unwirtlichen Kaukasus mit Deutschland zu tun? Diese Frage stellte sich für den evangelischen Theologen Johannes Lepsius (1858–1926) vor rund 130 Jahren gar nicht. Er setzte sich sofort für die Armenier ein. Lag es daran, dass er sich in jungen Jahren selbst ein Bild vom christlichen Leben im Orient machen konnte? Denn nach seinem Theologiestudium sammelte er ab 1884 als Hilfsprediger und Lehrer erste Erfahrungen in Jerusalem. Wie prägte das sein Denken? =>

Wie lässt sich der Sündenfall noch sühnen?

Kreuzigung am Lebensbaum, um 1320, Zisterzienserabtei Wilhering, Österreich Detail). Bild: akgWelches Gottesbild habe ich? Das hat auch direkte Folgen für den Blick auf die Sünde der Menschen. Über Jahrhunderte hinweg beschäftigten diese Fragen die größten theologischen Denker, erklärt die Bochumer Kirchengeschichtlerin Katharina Greschat in ihrem aktuellen Lehrwerk „Kirchengeschichte I“. Trotzdem gelingt es ihr, das Grundwissen zur Kirchengeschichte bis zum Hochmittelalter auf knapp 400 Seiten zusammen zu fassen. Doch kommt es dem Lehrwerk ausdrücklich vor allem darauf an, dass die Lesenden Zusammenhänge verstehen, um sich mit der Vielfalt des Christentums und seinen Erscheinungsformen auseinandersetzen zu können. Beispiel Sünde und Sühne zur Passionszeit: Durch die Jahrhunderte hindurch haben Menschen mit ihren Verfehlungen und ihrem Gottesverständnis gerungen. =>

Schmähliches Sterben und erfüllter Tod

Salvator Rosa: Saul bei der Hexe zu Endor, 1668 (Detail). Bild: akgEine Todsünde beging ein verzweifelter König Saul: In aussichtsloser Lage beim Kampf gegen die Philister und nach dem Tode Samuels suchte er die Totenbeschwörerin in En-Dor auf (1. Samuel 28). Und dies, obwohl er selbst diese aus Israel vertrieben hatte. Trotzdem kannte seine Gefolgschaft solch eine weise Frau – in anderen Übersetzungen auch als Hexe bezeichnet – die der König heimlich aufsuchte (28, 7 f.). Spannend für uns: Welche Vorstellungen über Tote und die Unterwelt zeigen sich da in einem der älteren Teilen des Ersten Bibelteils? =>

Knotenpunkt künstlerischen Schaffens

Hans Holbein d. J.: Solothurner Madonna 1522, Details. Fotos: © David Aebi, Bern.Luther rühmte ihren Reichtum noch in den Tischreden: Augsburg war zur Zeit der Reformation eine der führenden Reichsstädte. Bereits im Oktober 1518 hatte er sie kennengelernt. Damals disputierte Luther dort drei Tage lang direkt im Anschluss an einen Reichstag mit Kardinal Cajetan in den Fuggerhäusern am Weinmarkt. Gleichzeitig war Augsburg nicht nur die Stadt des Geldes, sondern auch des Geistes und Heimat bedeutender Künstler – etwa Hans Holbein der Ältere (um 1465–1524) und Hans Burgkmair der Ältere (1473–1531). =>

Hoffnung auf die zunehmende Kraft der Sonne

Susanne Borée, Porträt, boree.de, Evangelisches Sonntagsblatt aus BayernEs wird wieder heller. Inzwischen ist es schon deutlich spürbar: Wenn ich abends aus der Redaktion komme, ist es oft noch draußen hell oder wenigstens dämmrig. Kein Wunder, Maria Lichtmess ist da – 40 Tage nach Heiligabend.  Ein neues Produktionsjahr begann an diesem Datum gerade für Mägde und Knechte, die sich neu verdingen konnten oder weiter beschäftigt wurden. Nun begaben sie sich aus der Spinnstube nach draußen, um den Acker für die neue Aussaat vorzubereiten. Nächste Woche feiern wir Fasching und den Valentinstag ausgerechnet am Aschermittwoch – und dann steht auch schon die Passionszeit in den Startlöchern – und mit ihr hoffentlich der Vorfrühling. =>

Zerfall aller Wahrheiten?

Richard David Precht Ende 2023. Foto: paNein, einen Gefallen hat er sich sicherlich nicht getan – durch seine unsäglichen Thesen in Talkshows oder Podcasts war Richard David Precht öfter durch flache oder – besser – sehr steile Sätze aufgefallen, die bedenkliche Klischees verfestigten. Wollte er als ohnehin einer der bekanntesten Philosophie-Dozenten in Deutschland damit für seinen neuen Band der Philosophiegeschichte „Mache die Welt“ mehr Aufmerksamkeit erreichen? Dann ist sein Vorhaben gründlich schief gegangen: Menschen, die ihn vielleicht durch seine Auftritte erst wahrgenommen haben, werden eher nicht zu diesem Werk greifen. Andere sind abgeschreckt. Mir selbst ist mit diesem Buch im Urlaub viel Unverständnis begegnet nach dem Motto: „Von ihm liest du noch etwas?“ =>

Aufbruch aus dem Schneckenhaus

Gewinnen die ausgestreckten Fühler einen neuen Überblick? Wohin zieht es sie? Foto: pixabay„Als wenn mein Gehirn überflutet ist“, so empfindet es Anna (Name geändert, sie ist aber der Redaktion bekannt). Dann strömen zu viele Reize auf sie ein oder sie ist von den Reaktionen ihrer Umwelt überfordert. Seit kurzem hat die Mitfünfzigerin einen Namen für das, was da in ihr geschieht. Denn zufällig hatte sie einen Beitrag des Fernsehsenders Arte verfolgt. Darin ging es um Krankheiten, die bei Frauen unterschätzt sind, da sie ganz andere Symptome zeigen als bei Männern. Beim Herzinfarkt etwa. Anna aber ging es um etwas anderes: In dem Bericht kam eine Frau zu Wort, die sich gegen Depressionen und Burn-out behandeln ließ – erfolglos. Nach langen Jahren kam heraus, dass dies auch kein Wunder war, schließlich lag der Grund ihrer Erschöpfungszustände ganz woanders: ADHS. =>

Sesshaftes Leben als Schritt in die Zukunft?

Diese durchbohrten Zähne trugen Bandkeramiker bei Schweinfurt wohl als Schmuck. Foto: BoréeSie fühlten sich in Franken wohl. Und das schon vor rund 7.500 Jahren: Die Linearbandkeramiker siedelten damals schon am Main rund um Würzburg. Die fruchtbaren Lössböden und das milde Klima sagten ihnen besonders zu. Sie waren die allerersten Menschen mit festem Wohnsitz in unserer Region. Schon damals betrieben sie Ackerbau und Viehzucht. Daneben konnten sie Stoffe auf ersten Webstühlen fertigen und besaßen erste Töpferwaren mit den linearen Ritzverzierungen und Bändermustern, nach denen sie benannt sind. Sie besaßen praktisch schon das volle Programm späterer landwirtschaftlicher Kulturen. Nur Metallwerkzeuge fehlten – schließlich bewegen wir uns noch in der Jungsteinzeit. =>