Alles wird besser! Habt nur noch ein klein wenig Geduld! In ein paar Jahren oder allerspätestens in der übernächsten Generation beginnt das Paradies auf Erden für alle! Jeder konnte gewinnen – was fiel da noch ins Gewicht, was verloren ging? Mit diesem Versprechen trat die Moderne an, so Andreas Reckwitz. Doch sie verdrängte den „Verlust“, so der Untertitel seines aktuellen Buches. Nun feiert er Auferstehung und hat sich in „Ein Grundproblem der Moderne“ verwandelt, so der Untertitel dieses Buches. Nach der Aufklärung sollte sich das Licht vernünftigen Denkens unaufhörlich ausbreiten. Die Industrialisierung bot immer mehr Infrastruktur und Güter an, die das Leben einfacher machten. … =>
Holprige Reime eines unruhigen Geistes
Erst wollte er unbedingt die Verehrung Marias als besondere Wunderheilerin durchsetzen – und ließ dazu die damalige Rothenburger Synagoge enteignen. Wenige Jahre später predigte er genauso engagiert für die Reformation! Was ist von solch einem Prediger zu halten? Seine Leidenschaften waren Johannes Teuschlein jedoch offenbar bitter ernst. Zum Wunderwirken Mariens verfasste Teuschlein eigens ein gereimtes Mirakelbuch in frühneuhochdeutscher Sprache. Der Theologe und Reformationshistoriker Gerhard Simon hat lange danach gesucht. Er fand endlich ein Druck-Exemplar in Krakau wieder. Dorthin lagerte es die Berliner Staatsbibliothek kriegsbedingt aus. Es hat keine Verfasserangabe. Doch es herrscht Einigkeit: Nur Teuschlein kann es gedichtet haben. =>
„Die jüdische Wunde“
Zwei betagte Herren befinden sich im angeregten Gespräch miteinander. Die Welt um sich herum scheinen sie völlig vergessen zu haben. Es könnte eine Alltagsszene sein – wenn diese beiden Männer nicht unschwer an ihrer Kleidung als orthodoxe Juden zu erkennen wären. Und mindestens die Kleidung des sitzenden Mannes deutlich abgewetzt zu sein scheint. Unter diesem Titelbild brachte der „Spiegel Geschichte 4/2019“ sein Heft „Jüdisches Leben in Deutschland“ heraus. Und Natan Sznaider beginnt sein aktuelles Buch „Die jüdische Wunde“ mit einer intensiven Besprechung dieses Bildes. Denn diese Szene mag „in Deutschland“ stattgefunden haben, doch ist sie wirklich repräsentativ für „Jüdisches Leben“ hierzulande – und für „Die unbekannte Welt nebenan“ (so der Untertitel des Spiegel-Heftes)? … =>
Bauernkrieg als Baby des Buchdrucks
Es braute sich schon länger etwas zusammen: Heilsverlangen und Höllenangst, neuartige Krankheiten und vielfältige Krisen einer Umbruchszeit, Naturkatastrophen und himmlische Wunderzeichen führten vor 500 Jahren dazu, dass die Unterdrückten gegenüber der herrschenden Ungerechtigkeit aufbegehrten. In seinem aktuellen Werk „Der Bauernkrieg. Ein Medienereignis“ stellt der Kirchenhistoriker ein umfassendes Bild der Umbrüche 1524/25 dar. Prophetische Warnungen vor diesem besonderen Unheilsjahr reichten teils eine ganze Generation zurück: Da nennt Kaufmann eine 1488 erschienene „Prognosticatio“ des Astrologen Johannes Lichtenberger: Orakel weisen für diesen auf kommendes Unheil hin – bevor sich Martin Luther überhaupt 1490 in die Mansfelder Lateinschule begab. … =>
Renovierte Religion – gelingt Erneuerung?
Als „Gefangene unseres Besitzes“ – so umreißt Erzbischof Urmas Viilma die Lage der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (EELK). Auf Englisch klingt es poetischer: „prisoners of our propriety“. Denn in dieser Sprache fand dies Gespräch im Tallinner Konsistorium statt. Doch prosaisch ist der Alltag: Weit verstreut liegen die evangelischen Gotteshäuser in vielen kleinen Dörfern und Weilern auf dem Land. Die Kirchen könne man nicht verkaufen – wer will sie schon haben? Sie müssen aber erhalten werden. Schließlich darf ein loser Dachziegel niemanden erschlagen. =>
Facettenreiches Estland erfahren
Welche ist denn meine Lieblingssprache? Im Estnischen Nationalmuseum in Tartu stand ich mit einem Mal vor dieser Frage. Dabei wollte ich auf meiner Tour durch Estland nur eine Eintrittskarte lösen! Mit einem Handgriff überwand die Ticketverkäuferin sämtliche babylonischen Sprachverwirrungen. Sie konnte auf der Eintrittskarte schier alle möglichen Sprachen freischalten: Ich musste nur den Code an die Erklärungstafeln halten, die längst nicht mehr aus Pappe oder Messing waren, sondern digital. Sofort war meine persönliche Übersetzung. „Englisch“, murmelte ich schüchtern. „Oder haben Sie auch Deutsch?“ „Was nun?“ Schließlich ist es einfach unmöglich, irgendetwas auf Estnisch zu verstehen. =>
Die letzte Fahrt
Es war ein spektakulärer Fund, der Archäologen 2011 im niederbayerischen Essenbach gelang: Überreste eines bronzezeitlichen Prunkgrabs, in dem ein hochrangiges Mitglied der damaligen Gesellschaft mit einem Zeremonialwagen feuerbestattet worden war. Erstmals sind die Funde aus dem Wagengrab nun bis zum 7. Januar in einer Sonderausstellung im Germanischen Nationalmuseum (GNM) zu sehen. Sie belegen, dass der Bestattete ein bedeutender politischer, wirtschaftlicher und religiöser Akteur war, der als Teil eines weit über Europa hinausreichenden Elite-Netzwerks agierte. =>
Kann Gottes Wort aktuell Frieden bringen?
Sollen wir als Christen Waffenlieferungen für die Ukraine bejahen, da sich viele biblischen Stellen für die Unterstützung der Opfer aussprechen? Oder sind wir zur absoluten Gewaltlosigkeit aufgerufen? Was genau sagt die Bibel dazu? Ihre Worte sieht der Theologe und Sozialpädagoge Gerard Minnaard nicht als eine Sammlung von „Handlungsanweisungen“, sondern als „Gesprächsraum“ für „ein geschwisterliches Zusammenleben“. Er ist Geschäftsführer des biblisch-politischen Bildungszentrums der Woltersburger Mühle bei Uelzen. Und er ist einer der Herausgeber des Sammelbandes zur aktuellen Friedensarbeit. Viele Beiträge darin sind aus Tagungen dort entstanden. Lässt sich gleichzeitig Frieden und Gerechtigkeit verwirklichen? =>
Ein Rebell als Prophet?
War er nicht ein unchristlicher Revoluzzer, der an den gesellschaftlichen Grundfesten rüttelte? Wie kommt es nur, dass ausgerechnet an einem lauen Sommerabend im beschaulichen Klostergarten des RothenburgMuseums Werke von Erich Mühsam (1878–1934) zu Wort kamen? Jude, Anarchist, Pazifist und Mitglied der Münchner Räterepublik – alle diese Zuschreibungen für den Dichter und Rebellen waren sicher keine Empfehlungen für die Nazis. Anfang 1933 wurde er verhaftet und vor 90 Jahren, am 10. Juli 1934, im Konzentrationslager Oranienburg ermordet. Eine nachdenkenswerte Auswahl aus seinem Werk stellten der Schauspieler und Sänger Matthias Klösel sowie der Pianist Tom Gratza vor. Sie machten in ihrem schwungsvollen Zusammenspiel anschaulich, dass viele seiner Werke in der Tradition Heinrich Heines stehen, der scheinbar leichthin spöttelte, aber oft tiefere Wahrheiten aussprach. =>
Wege zu heilsamen Begegnungen
Sphärische Klänge erfüllten den Theatersaal. Fast ließ sich vergessen, dass er mit mehr als 150 Menschen gut gefüllt war! Beinahe wie die meditativen Töne einer sanft gespielten Konzertgitarre erklang es – hm, vielleicht etwas metallischer. Ein Glockenspiel? Nein, „Handpan“ heißt das Instrument: Gleich einer riesigen Muschel aus Metall entlockte ihr Alwin Steinle mit streichelnden Händen die melodischen Töne. Neben ihm sang Susanne Sonnleitner. Regelmäßig begleiten beide Musiker auch Trauerfeiern. Und sie umrahmten den 21. Mittelfränkischen Hospiztag, der sich Mitte Juni im Rothenburger Wildbad traf. Dort fanden Engagierte aus gut 15 Hospizgruppen der ganzen Region zusammen. Der Rothenburger Hospizverein mit rund 60 Aktiven um Petra Underbrink hatte für sie vielfältige Impulse vorbereitet. Wie können etwa Alpakas im Hospiz helfen? =>