Mit Geduld und Mut zum Erntesegen

Familie Stiegler führ den Betrieb FrankenGenussUm die Nuss zu knacken, braucht es einen langen Atem – und gleichzeitig Wagemut. „Sieben bis neun Jahre“, so Martin Stiegler, müssen die Haselnussbäume erst einmal ausreichend wachsen, bevor die allererste Ernte ansteht. So lange musste er sich auf seinem Hof in Gonnersdorf bei Cadolzburg gedulden. Erst dann konnte er erleben, ob seine Idee überhaupt ausreichend Früchte trug. Der junge Landwirt konnte sich nur auf eins verlassen: auf den Rückhalt in seiner Familie, deren Bauernhof er nun weiterführt. … =>

Ungläubiger Thomas?

Thomas Mann mit Tochter Erika (Ausschnitt). Foto: akgEs ist die Karikatur eines Weihnachtsfestes: In seinem Erstlingswerk „Buddenbrooks“ inszeniert Thomas Mann (1875–1955) um die Jahrhundertwende den Heiligen Abend als sorgfältig arrangiertes und detailreiches Schauspiel bürgerlicher Repräsentation sowie familiärer Ordnung. Doch gleichzeitig offenbart seine Darstellung, wie weit diese Rituale vom Stall und Stern von Bethlehem entfernt sind. Der Kult bleibt erhalten, doch seines lebendigen Kerns beraubt.  Eine umfassende Betrachtung von Thomas Manns Verhältnis zur Religion bietet Karl-Josef Kuschel, in seinem Werk „Weltgewissen“, das zum 150. Geburtstag des Nobelpreisträgers erschien. Er zeigt, dass der Schriftsteller weit über die Kritik in den Buddenbrooks hinausging. =>

Schmerzhaft-poetische Tiefendimensionen

Helene Bracht: Das Lieben danach (Ausschnitt des Buchcovers)Es ist nur ein schmales Bändchen – und doch von großer Wucht. Nicht als Gute-Nacht-Lektüre zu verwenden – trotz der betörenden Blumenornamente des Covers. Sie machen es schwer vorstellbar, dass Helene Bracht in diesem Buch ihre Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch verarbeitet. Und gleichzeitig versöhnt die 70-Jährige sich darin mit sich selbst. Sie stellt sich der Begrenzung, die ihr Leben geprägt hat: Den Schwierigkeiten, Vertrauen zu schenken und eine dauerhafte Beziehung zu führen. Bracht verarbeitet darin nicht nur ihre frühen Jahre, sondern zieht Bilanz ihrer facettenreichen Biographie … =>

„Unsere Kirchen bleiben Zufluchtsorte“

Symbolbild zum Kirchenasyl Foto: epd/F und PR„Wir schauen auf jeden einzelnen“, versicherte Stephan Reichel bei einem Vortrag in der Rothenburger St. Jakobsgemeinde Anfang Mai. Auf seine Vermittlung hin hatte die Gemeinde zwei Monate zuvor kurzfristig ein Kirchenasyl durchgeführt. Zwei junge Männer aus Syrien, Cousins, sollten Mitte März von der Tauber nach Bulgarien abgeschoben werden. Dort waren sie zuerst in Europa registriert worden.  Nach dem „Dublin-Abkommen“ ist derjenige europäische Mitgliedsstaat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig, in dem die Geflüchteten zuerst registriert wurden. Dennoch waren die beiden jungen Syrer aus Rothenburg schon beinahe sechs Monate in Deutschland – nach dieser Zeit läuft die Frist für eine solche Abschiebung ab. Nur noch die letzten drei Wochen waren zu überbrücken, als die Behörden entsprechend auf sie aufmerksam wurden. =>

Sinnlose Kämpfe und gnädige Bewahrung

Drei Schwestern aus Gollhofen erinnerten sich 2015 an das KriegsendeVor zehn Jahren fragten wir bei Ihnen nach Ihrem Rückblick auf das Kriegsende 1945. Viele werden sich erinnern. Damals lag es 70 Jahre zurück. Es erreichten uns viele Anrufe und Briefe.   „Es ist das letzte Mal“, so dachten wir bereits damals, „dass wir die Gelegenheit dazu haben.“ Viele derjenigen, die uns vor zehn Jahren ihre Geschichten erzählten, weilen leider heute nicht mehr unter uns: Auch mindestens fünf Zeitzeugen aus dem Jahr 2015.  So wollen wir einige Ihrer Erinnerungen nun weitertragen. Doch damals konnten wir uns überhaupt nicht vorstellen, dass der Krieg zurückkehrt! Manche der Erinnerungen, dass die Bauern etwa mit ihren Kindern unter Beschuss die Felder bestellen mussten, sind uns in den vergangenen drei Jahren in ähnlicher Form in der Ukraine wieder begegnet.  =>

Frauenleben „aus dem Schatten geholt“

Arbeitskreis Frauengeschichtsschreibung übergibt Interviews an das KirchenarchivEs fallen fremdartige Vokabeln wie „Bräutekurse“ oder „Veto-Paragraph“. Noch vor kurzem waren sie jeder bayerischen Pfarrfrau ein Begriff. Sie hatten bis Mitte der 1970er Jahre ihre Arbeit aufzugeben, wenn sie einen Pfarrer heirateten. Schließlich sollten sie dessen Arbeit ehrenamtlich mittragen und sich ganz in den Dienst der Gemeinde stellen. Viele mussten sich bereits erworbene Pensionsansprüche auszahlen lassen – obwohl ihr Ehemann vielleicht nur Vikar war. Das hinterließ Spuren, auch noch in den Interviews des „Arbeitskreises Frauenkirchengeschichte in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern“ (ELKB) … =>

Treue und Widerstand – zwei Wege

Wolfgang Böllmann: Wenn ich dir begegnet wäreBeide haben auf je unterschiedliche Weise versucht, der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft das christliche Zeugnis entgegenzusetzen. Aber noch etwas verbindet die beiden: „Sie haben jenseits ihres irdischen Lebens viele Menschen inspiriert, aufgerichtet und getröstet.“ So schreibt Heinrich Bedford-Strohm in seinem Geleitwort zu dem spannenden aktuellen Buch „Wenn ich dir begegnet wäre …“.  Im realen Leben haben sich Dietrich Bonhoeffer und Jochen Klepper, soviel wir wissen, nie getroffen. Doch viel verband die beiden Theologen miteinander: Beide sind geprägt von ihrer Epoche, der zunehmenden Einengung durch die Nazi-Herrschaft. Dazu standen beide im Widerstand – und doch gingen sie ganz unterschiedlich damit um. Es gibt aber sogar äußere Ähnlichkeiten zwischen ihnen … =>

Jonglieren mit „Gedankenseifenblasen“

Porträt einer ADHS-lerinLangsam wieder zu leben beginnen, das war ihr Wunsch vor einem Jahr! Im Gespräch mit einer Frau in der Lebensmitte, die erst kurz zuvor eine ADHS-Diagnose erhalten hatte, entstand eine Spurensuche, wie sie damit umgeht. Und jetzt, nach gut einem Jahr? Ist Anna (wie wir sie nannten, der tatsächliche volle Name ist aber der Redaktion bekannt) auf ihrem Weg weitergekommen?„Manche Tage sind wie ein Jonglieren mit zu vielen Bällen“, seufzt sie. Dann hebt sie lächelnd den Kopf: „Aber muss ich alle oben behalten? Muss ich mich damit unter Stress setzen?“ Sie habe sich in den vergangenen Monaten intensiv damit beschäftigt, mit solchen Ansprüchen kreativer umzugehen. =>

Spiel mit der Liebe

Hefters Roman über Love-SpammingEine Frau Mitte 50 verkriecht sich in eine eigene Wirklichkeit. Zumindest während der Nacht – bis im Nebenzimmer dann ihr Mann ihre Hilfe braucht. Er ist schwer an Multipler Sklerose erkrankt: Ohne die Hilfe seiner Partnerin geht nichts mehr – auch wenn er als Schriftsteller durchaus Erfolge feiert und Preise entgegennehmen kann. Demgegenüber hangelt sich seine Frau immer noch als Tänzerin und Performerin von einem Projekt zur erneuten Förderung. Aus diesen Zutaten entwickelt Martina Hefter ihren preisgekrönten Roman über Liebesschwindel. Er hat durchaus autobiografische Züge: Auch der Mann der Autorin leidet an Multipler Sklerose, sie pflegt ihn. =>

Vor 200 Jahren entstand die Braille-Schrift

Louis Braille. Foto: edp/FLouis Braille erblickt am 4. Januar 1809 im französischen Ort Coupvray das Licht der Welt. Dies zunächst drei Jahre lang: Denn dann kam es zu einem Unfall in der Sattlerwerkstatt seines Vaters mit einer scharfen Ahle am Auge: Es entzündete sich, was auch auf das zweite Auge übergriff: Beide erblindeten. Doch der Junge gab sich nicht mit seinem Schicksal zufrieden: Er wollte lesen lernen wie andere auch – und nicht darauf warten, bis andere Zeit fanden, um ihm vorlesen zu können. =>