„Einsamkeit vermeiden“ – das einfachste Rezept für eine halbwegs gutes Sterben, um nicht der kalten Logik der Apparate ausgeliefert zu sein, meint Medizinethikerin Alena Buyx. Welches medizinische Handeln ist noch sinnvoll oder verursacht zu viele Schmerzen. Da können die Angehörige für den Kranken sprechen. Ehepartner stehen inzwischen sowieso füreinander ein. Da hilft es, sich zuvor auch über die jeweiligen Vorstellungen an der Grenze ausgetauscht zu haben. Andere nahestehende Menschen lassen sich durch eine Vorsorgevollmacht in diese Aufgabe einsetzen. … =>
Rezept gegen das Hamsterrad der Hetze
Die Äpfel liegen vor mir auf dem Tisch, rund und still. Dabei tragen sie die Kraft der Jahreszeiten in sich: die hoffnungsvollen, leichten Frühlingsblüten und die Wärme des Sommers, die Erinnerung an den Tau des Morgens und die raue Rinde des Baums. Und den Glanz des Herbstes, den letzten Gruß der Sonne, bevor das Jahr sich schließt. Beim Schneiden steigt ein feiner Duft auf: süß und herb zugleich. Es riecht nach Kindheit und nach gedämpftem Licht. Die Früchte verlieren ihre Schale, doch ihr Wesen bleibt und zeigt sich nun unverhüllt. In der Mitte das Kernhaus, eine sternförmige Erinnerung daran, dass jedes Ende auch Anfang ist. =>
Trip ins Dickicht – zu den Grenzen des Erzählens
Will ich das lesen? fragte ich mich, als ich hörte, welches Buch in diesem Jahr den Deutschen Buchpreis gewonnen hatte. Dorothee Elmigers „Die Holländerinnen“ sei „ein faszinierender Trip ins Herz der Finsternis“, so die Jury. In diesem Buch folgt eine Gruppe Medienschaffender der Einladung eines angeblich bedeutenden aber ungenannten Theatermachers. Sie begeben sich auf die Spuren zweier holländischer Rucksacktouristinnen, die im mittelamerikanischen Urwald verschwunden sind – und verlieren sich selbst im Dickicht. „Eine beunruhigende Geschichte von Menschen und Monstren, von Furcht und Gewalt, von der Verlorenheit im Universum“ soll es sein, so die Ankündigung des Buches. … =>
Was können wir uns noch leisten?
Es ist der große Verlierer – ganz hinten am Ende des Alphabets: Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Nach dem aktuellen Beschluss des Bundestages erhält es im Bundeshaushalt 2025 (der endlich verabschiedet wurde) rund 910 Millionen Euro und 2026 noch einmal gut 360 Millionen Euro weniger: Dann erhält es knapp zehn Milliarden: Der Etat ist im Vergleich zu 2024 um gut elf Prozent gesunken. Das klingt immer noch nach schwindelerregenden Summen. Doch das Verteidigungsministerium erhält 2026 einen Etat von mehr als 80 Milliarden Euro, mit Zuwächsen von über 30 Prozent – das Sondervermögen kommt noch hinzu. Warum alle diese trockenen Zahlen anstatt einer fröhlichen Geschichte zum lockeren Auftakt? =>
Der Große Schutzengel am Firmament
Leider war es in vielen Nächten dieses Altweibersommers allzu oft von dicken Regenwolken verborgen – mein neues persönliches Sternbild: der Große Schutzengel. Es begleitet mich seit dem Poetenfest in Erlangen, an dem ich erfahren habe, wie willkürlich die Bilder sind, die wir in den Sternen sehen. Eigentlich war ich dort Ende August zu Lesungen von Autoren, die für den Deutschen Buchpreis nominiert sind und die bald sicher mehr von sich hören lassen. Auch Gespräche und Diskussionen zu komplexen gesellschaftlichen Themen gab es, die etwa die ganze Problematik des Nahen Osten klären konnten. Nachdem dies jedoch real schwieriger scheint denn je, ich aber in meinem Urlaub oft zu den Sternen aufschaute, nun also zurück zu ihnen. … =>
Was wir mit neuen Grenzen verlieren
„Werden wir an der Grenze Zeit verlieren?“ Diese Frage stellten wir uns vor unserem Urlaub auf dem polnischen Ostseeküsten-Radweg von Danzig zurück nach Usedom. Denn seit Monaten häuften sich die Meldungen über verschärfte Kontrollen im Osten. Die Realität war unspektakulär: Der Zug fuhr an der Grenze nur etwas langsamer. Und zurück auf dem Europa-Radweg entlang der Ostsee hinter Swinemünde war die Grenze zwar markiert, doch standen dort nur auf polnischer Seite drei Grenzer in ein Gespräch vertieft. Nun gut, wir haben jetzt nicht stundenlang auf einen Einsatz dort gewartet, doch waren viele Radler mit schwerem Gepäck unterwegs. Also leere Symbolpolitik? =>
Vom Geier gelernt: Wie Gleichgültigkeit tötet
„Der Geier und das kleine Kind“: Lang ist es her, dass dies Bild um die Welt ging. Es zeigt ein ausgemergeltes Kind, zusammengesunken auf staubtrockener Erde. Wenige Schritte entfernt lauert ein Geier – bereit, sich auf das Leben zu stürzen, das kaum noch eines war. 1993 entstand das Bild im heutigen Südsudan. Der Fotograf Kevin Carter erhielt dafür den Pulitzer-Preis – und bittere Kritik. Warum hatte er nicht geholfen? Kurze Zeit später nahm sich Carter das Leben. Schon damals herrschte im Sudan eine tödliche Hungersnot, verursacht durch Bürgerkrieg und politisch kalkulierte Blockaden. Der damalige Diktator Hasan Ahmad al-Baschir verweigerte Hilfslieferungen – hunderttausende Menschen verhungerten. Der Geier musste nicht lange warten. Und das Kind auf dem Bild? =>
Hoffnungszeichen trotz aller Rückschläge?
Aus christlichen Werten entstanden Hoffnungszeichen: Vor 50 Jahren, am 1. August 1975, wurde in Helsinki ein Abkommen unterzeichnet, dessen Geist bis heute besteht. Und dies mit dem sehr technischen und nichtssagenden Titel „KSZE-Schlussakte“! Inmitten des Kalten Krieges einigten sich die Länder Europas und Nordamerikas östlich und westlich des Eisernen Vorhangs erstmals offiziell auf die Unverletzlichkeit von Grenzen, die friedliche Streitbeilegung und die Achtung der Menschenrechte. Ein klassisches diplomatisches Tauschgeschäft – dessen Geist eine unerwartete Sprengkraft erfuhr. =>
Eine Nacht im Dazwischen – offen für eine „Weiße Nacht“
Eine ganz Nacht in einem Strandkorb zu verbringen – mutterseelenallein, nur das Firmament über mir! Und die Wellen nicht weit! Dazu hatte ich noch ein Geschenk an der Ostseeküste einzulösen. Denn es war keine „Challenge“, keine persönliche Herausforderung oder Selbstüberwindung, sondern durchaus eine gebuchte Übernachtung wie in einem Hotel. Dafür auch erstaunlich bequem, denn es war ein Liege-Strandkorb, in dem ich mich gut ausstrecken konnte. Ich saß im Dazwischen – zwischen Tag und Nacht, zwischen Öffentlichkeit und Rückzug … =>
Kann es eine aktuelle Botschaft des Konzils geben?
Wozu braucht man es heute noch? Ist das Nachdenken über das Konzil von Nizäa, das offenbar in grauer Vorzeit stattfand, nicht völlig aus der Zeit gefallen? Zumal sich die Teilnehmer damals über ein solch abstraktes Thema wie die genauen Beziehungen innerhalb der Trinität und das Verhältnis zwischen Jesus und Gottvater beinahe die Köpfe einschlugen. Kann ein solches Thema auch nur einen Menschen heutzutage dazu bringen, deswegen wieder in die Kirche einzutreten oder ihr – umso besser – erst gar nicht erst den Rücken zuzukehren? Eher scheint es wahrscheinlich, dass ein vertieftes Nachdenken über solche abstrakten Fragen dazu führen könnte, Menschen aus der Kirche zu treiben. =>
