Witz als Mittel der Wahrheitssuche

Marc-Uwe Kling: Die Spurenfinder und das Drachenszepter (Buchcover)„Du meinst, das Zepter verleiht Macht, weil alle daran glauben, dass es Macht verleiht?“ So fragt die 13-jährige Ada ihren Vater Elos. Sie leben in einer magischen Welt, die in mittelalterlichen Strukturen erstarrt zu sein scheint. Auf den ersten Blick wirken „Die Spurenfinder und das Drachenzepter“ wie ein klassisches Fantasy-Abenteuer. Es ist für Jugendliche ab etwa zwölf Jahren gedacht. Gleichzeitig kommt es sprachlich leichtfüßig daher. Doch unter der spannenden Oberfläche und den pointierten Dialogen verbirgt sich mehr in dem neuen Werk, das Marc-Uwe Kling mit seinen Töchtern Johanna, Luise und Elisabeth geschrieben hat: Eine Auseinandersetzung über Themen wie Erinnerung, Wahrheit, Verantwortung und Generationswechsel – mit viel Tiefgang auch für Erwachsene. =>

Bilder, die flüstern – und schreien

Bild Vodianas „Über jedes Haus, das nicht mehr existiert, das nicht mehr repariert werden kann“ in der Ausstellung des Caritas-Pirckheimer-Hauses. Foto: BoréeEs ist das vielleicht stillste und zugleich eindrücklichste Bild (oben links) der Ausstellung: Häuser schweben in den Himmel, sitzen auf Wolken wie aus einem Kindermärchen. Sie tragen Heiligenscheine. Auf den ersten Blick wirkt das Gemälde fast naiv. Doch dann fällt der Blick auf die Einschusslöcher. Auf die Risse, die sich wie auf einer zersprungenen Glasscheibe über das Bild ziehen. Ein Haus ist getroffen, verwundet, gebrochen. Was bleibt, ist Erinnerung. „Dieses Bild zeigt nicht nur zerstörte Häuser“, erklärt die ukrainische Künstlerin und Kinderbuch-Illustratorin Kateryna Vodiana (VoKa). „Es zeigt die Stille nach der Explosion. Risse, die nicht mehr zu reparieren sind. Ein Zuhause, dem Wärme und Stimmen geraubt wurden.“ =>

Das erste Konzil und die letzte Instanz

Konstantin der Große, Münzbildnis im Helm mit Christusmonogramm, um 315. München, Staatliche Münzsammlung (Detail). Bild: akgEr erschien „engelsgleich“ – so berichtet es Eusebius von Caesarea (260/64– um 339) über den römischen Kaiser Konstantin beim Konzil von Nizäa. Mehr noch: „Wie ein Gesandter Gottes“ sei der Herrscher in Nizäa aufgetreten. Als Bischof von Palästina nahm der Gelehrte am Konzil teil. Und als einer der bedeutendsten kirchlichen Autoren der Spätantike prägte er das Bild des Kaisers in seiner „Vita Constantini“ (Das Leben Konstantins) entscheidend mit: Dieser erscheint da fast wie ein Heiliger in übernatürlichem Licht. Die Bischöfe und kirchlichen Entscheidungsträger, so Eusebius, zogen zu Beginn des Konzils durch das Spalier der kaiserlichen Leibgarde – und mussten überhaupt keine Furcht mehr vor deren gezückten Schwertern haben. Dabei hatte Eusebius die letzten Christenverfolgungen im Römischen Reich noch bewusst miterlebt. Welch ein Statuswechsel! =>

Neue Horizonte durch biblische Hoffnung

Sonntagsblatt-Herausgeberin Johanna Hagerer hat ein neues kompaktes Buch zur Einführung in der Bibel veröffentlicht. Foto: epd/FGeht das? Die gesamte Bibel auf hundert Seiten zu erklären – dazu noch im schmalbrüstigen Reclam-Format? Na gut, die Ausgabe ist nicht mehr ganz so handtellergroß wie die unzähligen quietschgelben Lesefrüchte zur Weltliteratur – aber immerhin! Wozu dann die unzähligen Regalkilometer von gefühlt zentnerschweren Folianten in theologischen Bibliotheken? Johanna Haberer stellt sich mit klarem Blick und poetischer Sprache dieser Herausforderung. Dabei macht die emeritierte Theologieprofessorin, Sonntagsblatt-Herausgeberin und gefragte Publizistin schnell deutlich: Die Bibel ist keinesfalls verstaubt – sondern sie lädt dazu ein, ihre Botschaft neu zu leben. =>

Fliegende Botschaften – vernetzte Mythen

Bietet „KI“ totale Beobachtung, Handlung oder Fragment? KI-generierte und irritierende Zusammenstellung „echter“ Details. Foto: pixabay„Es gibt kein Buch mit dem Titel ‚Nexus‘ von Yuval Noah Harari“, so belehrte mich ‚meine‘ Künstliche Intelligenz, als ich mit ihr über das genannte Werk diskutieren wollte. Doch! Das genannte Werk ist höchst real und liegt direkt vor mir. Und ist in den Weiten des Netzes auch nicht ganz spurlos verloren gegangen. Zumindest bot die KI an: „Gib mir gern mehr Kontext, und ich helfe dir weiter.“ Also tippte ich das Erscheinungsjahr 2024 des Buches ein. Das genügte – in fliegender Geschwindigkeit gab sie zu: „Entschuldige bitte die vorherige Verwirrung.“ Wenn ‚meine‘ KI menschlich gewesen wäre, hätte ich fast annehmen können, dass sie schon allein deswegen zunächst das Werk ignoriert hatte, weil es ihr Wirken in Frage stellte. =>

Maschine ohne Maß und Moral

Ethikerin Alena Buyx im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern„Es sieht menschlich aus, aber es ist pure Statistik.“ Mit diesen deutlichen Worten warnte Alena Buyx vor allzu hohen Erwartungen an die Künstliche Intelligenz (KI).  Die Medizinethikerin bereicherte die Nürnberger Tagung über „Künstliche Intelligenz – die digitale Zukunft in der Pflege gestalten“ mit ihrem Vortrag zum Thema „Horror oder Heilsbringer? Ethische Aspekte von KI in der Pflege“. Die Evangelische Hochschule Nürnberg hatte interdisziplinär dazu eingeladen. Alena Buyx brachte viele Aspekte auf den Punkt – ohne zu vereinfachen. Durch ihren lebendigen und anschaulichen Vortrag riss sie mit. =>

Zwischen Massaker und Mythos

Deutungen des Bauernkriegs in Franken.„Und wollen mit Tyrannen raufen“ – dieser Vers klingt kämpferisch und reimt sich gut auf die Titelzeile des Liedes „Wir sind des Geyers schwarzer Haufen“. In den folgenden Strophen ruft es zur Vergewaltigung von Adligen, zum Mord an Kindern und zu maßloser Gewalt auf. Ein authentischer Blick in die Welt der Bauernkriege? Mitnichten. Das Lied, häufig als Volkslied aus dem 16. Jahrhundert ausgegeben, entstand um 1920 im Umfeld der Bündischen Jugend. Bald grölten es die SS-Kampftruppen. Auch in der DDR lebte der Mythos weiter. Hat Florian Geyer dies alles verdient? =>

Rhythmen im Reigen der Gottesbegegnung

Oluf Hartmann: Jakobs Ringen mit dem Engel (Detail), 1907. Bild: akgIch brauche nur einen neuen beschwingten Rhythmus für mein Leben finden und alle Erstarrungen überwinden, dann kann ich teilhaben am Tanz der Auferstehung! So ließen sich zu Ostern die Gedanken des Würzburger Theologen Klaas Huizing zusammenfassen. Und dies geschieht schon inmitten des irdischen Lebens. Doch: Ist diese Leichtigkeit nicht ein wenig zu einfach? Natürlich gibt es Menschen, die schmetterlingsgleich im Sommerwind von einer Blüte zur nächsten schweben und sich überall erquicken. Fällt ihnen dann nicht auch die Teilhabe am Auferstehungstanz Jesu einfacher zu als den „Mühseligen und Beladenen“? Denjenigen, die im Leben alle Aufgaben und Pflichten bestmöglich zu erfüllen versuchen. Sie ringen immer wieder mit ihren Lebenswegen und können sich an deren Kreuzungspunkten nur schwer entscheiden – während anderen so viel leichter Zufriedenheit und Selbstakzeptanz zuzufallen scheinen! =>

Mitschwingen im Tanz der Auferstehung

Tanzender Gekreuzigter in der Kapelle der Dankbarkeit Maicha. Foto: KrausWie kann man in einer Welt voller Leid, Gewalt und Unsicherheit noch an Auferstehung glauben? Die traditionellen Bilder vom leeren Grab oder himmlischem Leben wirken auf viele Menschen heute fern und schwer greifbar. Der Würzburger Theologe Klaas Huizing schlägt eine andere Deutung vor: Er sieht Auferstehung als lebendige Erfahrung von „unendlicher Resonanz“. Wie lassen sich diese poetischen Worte theologisch füllen? So beschreibt Huizing die tiefe Verbindung Jesu zum Leben – berührt durch Frequenzen, die Jesus in Christen auslöst. Das ist mehr als ein traditionelles Glaubensbekenntnis. Es ist ein Schwingungsraum, der sich immer neu auftut, wenn Menschen sich berühren lassen – von Liebe und Hoffnung, Schmerz oder Schönheit. =>

Entlarven aller Sicherheiten und Selbstbilder

Zurschaustellung Jesu durch Pilatus: Detail vom Altar in der Kathedrale im dänischen RoskildeWarum lässt Gott immer wieder Leid zu – selbst in der Bibel? Allein schon in der Geschichte von Kain und Abel verhindert er nicht den Brudermord, damit die Lesenden dadurch einen Erkenntnisprozess gewinnen, wie der Würzburger Systematiker Klaas Huizing aufzeigte. Nun gut, es ist eine mythische Erzählung, kein irgendwie gearteter historischer Bericht.  Das trifft für Huizing natürlich genauso auf Hiob zu – allein schon durch die Rahmenerzählung der Wette Gottes mit dem Satan. Der Gerechte leidet absolut schuldlos. Die Reden Gottes aus dem Wetter (Hiob 38) bleiben „unbefriedigend“, so Huizing. Sie bieten keinen akzeptablen Grund für Hiobs Leiden … =>