Editorial: Was zählt wirklich?

Unterwegs am See – da scheint Corona so weit entfernt wie nie zu sein. Nur am Himmel brauen sich immer Wolken zusammen. Wird das Gewitter kommen? Das Wetter hilft dabei, dass sich die Menschen am Strand gut verteilen. Da rücke ich niemanden zu nahe. Denn ich habe sie nun auch: die Corona-App. Ein paar Tage nach dem Erscheinen habe ich noch gezögert – das gebe ich offen zu. Ist sie wirklich sicher? Und überwachungsfrei? Untersuchungen von unabhängigen Organisationen wie dem „Chaos Computer Club“ und Gespräche mit Freunden, denen ich vertraue, überzeugten dann. Zuletzt blieb von allen meinen Bedenken das diffuse Gefühl: „Eigentlich will ich gar nicht wissen, ob ich eventuell infiziert bin. Da würde ich schlaflose Nächte bekommen. Es reicht ja schon, wenn die Symptome kommen.“ =>

Editorial: Wie sitzen wir in einem Boot?

„Wir sitzen zusammen in einem Boot.“ Das erfahren einige Familien durch die Pandemie. Auch wenn ihre Beziehungen schon zuvor schwierig waren, lernten sie jetzt neue Formen des Zusammenlebens zu finden. Miteinander in einem Boot sitzen wir Menschen auch mit den anderen Geschöpfen. Sind wir Menschen den Tieren wirklich überlegen? Das fragte bereits Michel de Montaigne (1533–1592) kritisch nach. Natürlich kannte er ebenfalls die göttliche „Ermächtigungsgrundlage“ (1. Mose 1, 28), nach der sich die Menschen die Welt untertan machen sollten. Das kann auch Verantwortung für die Natur begründen. Die aktuelle Ausstellung Die aktuelle Ausstellung „Tiere in der Rechtsgeschichte“ des Rothenburger Kriminalmuseums zeigt ebenfalls spannende Impulse, wie Menschen mit Tieren durch direkte Verhandlungen zum Ausgleich zu kommen versuchten.   =>

Wohin der Pfingsthauch weht

Sonnenkringel flirren auf dem dunklen Samt des Waldsees. Ihr Funkeln zieht Kreise – im Takt meiner Bewegungen. Oder spiegelt es den Atemhauch des Windes, der durch die Weiden streicht? Wende ich mich um, tauche ich mitten durch die Äste – ohne sie zu spüren. Denn es ist das Spiegelbild der Bäume, die den See im Hintergrund umrahmen. So nutzte ich Himmelfahrt zum Atemholen – nur zwei Fahrradstunden von zu Hause entfernt. Dieser Feiertag lenkte unser Augenmerk nach oben.  Pfingsten weitet erneut den Blick. Zumindest für diejenigen, die bislang im Zuge der Corona-Krise Angst um ihren Sommerurlaub im Süden haben mussten, besteht Hoffnung. =>

Brennglas für wesentliche Horizonte

Vor genau fünf Jahren befragten wir Sie als unsere Leserinnen und Leser zu Ihren Erinnerungen an das Ende des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945. Damals lag es 70 Jahre zurück, nun sind es inzwischen 75 Jahre geworden, die wir in Frieden und Sicherheit leben durften. Ja, dieser Satz gilt auch heute in den Corona-Zeiten. Denn so belastend oder deprimierend die Einschränkungen gerade sind, so befinden wir uns dennoch nicht in einer nur annähernd vergleichbaren Situation wie vor mehr als 75 Jahren: Es fallen in Deutschland keine Bomben, es heulen kein Sirenen. Niemand ist auf der Flucht oder hat Vertreibung zu fürchten. Die Supermärkte sind gefüllt, viele andere Geschäfte haben gerade wieder geöffnet. Für Hotels und Gaststätten, Schausteller und Schauspieler, die noch immer keine Verdienstmöglichkeiten haben, hat der Staat Hilfen bereitgestellt. Zwar decken sie vielfach nicht den Verdienstausfall, doch lindern sie die Not … =>

Verbundenheit erspüren

Routinen tragen weiter. Gerade jetzt, wo wir auf unsere eigenen vier Wände und unsere eigene Zeit­einteilung zurückgeworfen sind, begleiten uns Rituale. Natürlich ist es jetzt für die Welt draußen völlig egal, wann ich morgens aufstehe, wann ich mich an den Computer setze oder ob ich schon nachmittags den Fernseher anschalte. Aber für mich ist es nicht gleichgültig. Es gibt Zeiten am Tag, an denen ich produktiver bin. Oder an denen sich am besten Organisatorisches klären lässt. Oder an denen es angesagt ist, zur Ruhe zu kommen. Gerade in den ersten Tagen der Ausgangsbeschränkungen geriet vieles durcheinander. Die eingespielten Strukturen trugen nicht mehr. =>

Es ist vollbracht …

„Wo ist denn das Sonntagsblatt?“ So begann eine E-Mail, die unsere Redaktion erreichte. Diesmal ging es nicht um Probleme mit dem Postversand. Der Leser verfolgte unseren Auftritt von der Nordseeküste aus. Er vermisste die Aktualisierung unserer Webseite. Dort, unter der Adresse www.evangelisches-sonntagsblatt.de, stellen wir wöchentlich einige Artikel in die Weiten des Netzes. Unsere Andacht ist immer dabei und auch das Editorial. Bis zu drei weitere Artikel folgen – nicht mehr, damit Sie sich ja auch auf die gedruckte Ausgabe freuen dürfen. =>

Bitterkeit unterm Christbaum?

Dann erst ist ohne Bitterkeit / das Herz uns zum Gesange weit.“ Habe ich mich da nicht im Verlauf des Kirchenjahres vertan? Nein, auch dies sind die letzten Verse eines Weihnachtsliedes. Sie stehen sogar im Gesangbuch zu Weihnachtszeit  (EG 50). Und zwar in dem etwas unbekannteren Werk „Du Kind, zu dieser heilgen Zeit“ des berühmten Liederdichters Jochen Klepper. Da nahm ich einen Impuls der adventlichen „Tage der Stille“ bei der Diakonie-Gemeinschaft Puschendorf auf: Ich ließ nicht nur das bekannteste Lied des Dichters „Die Nacht ist vorgedrungen“ auf mich wirken, sondern suchte auch nach anderen weniger bekannten Versen Jochen Kleppers. … =>

„Leuchte du uns voran“ durch den Advents-Marathon

Der Paketbote grinste schon, als ich ihm „die Tore weit“ machte: Das dritte Mal innerhalb weniger Tage brachte er ein Mini-Päckchen: Stellen wir uns nur einen Augenblick lang vor: Er hätte eine Krippe in Einzelteilen gebracht. Vielleicht wäre das Jesuskind zwischendurch gestrandet? Oder Maria nicht zum Stall gelangt? … =>

Schweigen im Advent

Trauer und Schuldgefühle in der Adventszeit – dunkle Gedanken schweigen nicht. Gerade wenn überall Kerzen und Lämpchen an den Fenstern die Nacht durchbrechen wollen, erscheint manche innere Finsternis noch tiefer. Davon erzählt Renate Dopatka in ihrer adventlichen Erzählung „Ein starkes Gefühl“. Dies kann gerade dann übermächtig werden. In dem aktuellen Christlichen Jahrbuch 2020 geht diese Geschichte unter die Haut. Wie lässt sich Dunkelheit, tiefes Schweigen in uns vom flackernden Kerzenschein eines Neubeginns durchdringen? Was kann geschehen? …  =>

Sehnsucht, die Leere zu übertönen

Schlechte Laune trotz schönstem Sonnenschein: Warum sollten wir uns aus unseren Routinen durch ein wenig Spätsommer reißen lassen? Das alte Ehepaar hat dies jedenfalls gar nicht nötig! Er nörgelt wegen jeder Nichtigkeit, sie jammert. So ergänzen sich ihre Dialoge vollständig. Ganze Dramen entwickeln sich aus der Lebensfrage, ob die Butterdose nun zwei Zentimeter weiter rechts zu stehen hat. Ist es auch eine Art die Leere zu übertönen? =>