Geborgen im Kokon

Der Kokon, in dem die Umwandlung entsteht. Foto: PR Meine ErdeIst es eine schonende und nachhaltige Rückkehr der Körper in den Kreislauf der Natur? Ein „würdevoller Abschied“, wie Pröpstin Almut Witt vom Kieler Kirchenkreis Altholstein meint? Oder bedeutet die „Reerdigung“ gerade eine Verletzung der „Würde des Verstorbenen und des Pietätsempfindens der Allgemeinheit“, wie es der gerade aus dem Amt geschiedene bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek formulierte? Als eine seiner letzten Amtshandlungen legte er gegenüber dem Bestatterverband Bayern dar, dass diese Bestattungsform „in Bayern grundsätzlich nicht zulässig“ sei. Doch warum ist sie umstritten? =>

Aufbewahrt für die Ewigkeit?

Hand des Old Croghan Mannes im Dubliner Nationalmuseum. Foto: BoréeVor nunmehr 20 Jahren eilte die Polizei an eine abgelegene Stelle in die irische Grafschaft Offaly – zu einem gut erhaltenen Verstorbenen, der offenbar gewaltsam zu Tode gekommen war. Bald stellte sich heraus, dass der Falll vorgeschichtlich war: Der nach seinem Fundort benannte Old Croghan Mann starb zwischen 362 und 175 vor Christus. Sie blieben wirklich fast für die Ewigkeit: Moorleichen wie der Old Croghan Mann wurden oft zufällig, etwa beim Torfstechen, entdeckt. Der Luftabschluss und das saure Milieu der Torfmoose ließ zu, dass die Haut und die inneren Organe gut erhalten blieben, wenn auch verfärbt. Teils lassen sich sogar individuelle Gesichtszüge erkennen. … =>

Ringen mit Gott

Susanne Borée, Porträt, boree.de, Evangelisches Sonntagsblatt aus Bayern„Der, der ich bin, grüßt trauernd den, der ich möchte sein.“ Dieser Spruch, Friedrich Hebbel zugeschrieben, treibt gerade einen meiner Freunde um. Wer würde nicht gerne eine Persönlichkeit sein, deren Auftreten Begeisterung erregt? Der die Herzen zufliegen und die Aufmerksamkeit weckt. Die immer im Mittelpunkt steht und deren Meinung gefragt ist.  Da wollte ich von dem Freund wissen, was genau er sich für eine Veränderung wünscht: Die inneren Blockaden und so die eigene Unsicherheit überwinden, das war ihm letztlich wichtig. Gerade dies lässt sich wohl nicht mit ein wenig mehr Willenskraft ändern – denn dann besteht nur die Gefahr einer zunehmenden inneren Verkrampfung. Da ist es nötig, dass man die Zweifel, seine Beschränkungen aushält –  und damit ringt wie Jakob am Jabbok mit dem gesichtslosen Gegenüber … =>

Angst vor Bedrohung eigener Ansprüche?

Brachten Täufer etwa in Augsburg oder Windsheim ein mühsam austariertes Gleichgewicht der Reformation ins Wanken, wie in Augsburg die Basilika St. Ulrich und Afra davor die Ev. St.-Ulrichs-Kirche? Foto: BoréeEine große Sorge trieb Georg Vogler um: Würden die Chaoten in seinem neuen Ruhesitz die Macht gewinnen? Voller Unruhe verfasste er ein Schreiben an seinen ehemaligen Arbeitgeber. Nein, besser: Brot-herrn. Denn wir befinden uns im Mai 1535. Der Ex-Kanzler des Ansbacher Markgrafen Georg sandte also einen besorgten Bericht aus Windsheim in seine alte Heimat: Die Täufer trieben in seiner beschaulichen neuen Heimat ihr Unwesen, so sah er es. Ansbach hatte 1525 die Reformation eingeführt, ebenso Nürnberg und die kleine, aber freie Reichsstadt Windsheim.  =>

Großer Wurf für Pflege soll Stürmen trotzen

Unwetter über der Pflege. Fotos: pixabay/Komposition: Borée„Die Pflege ist selbst zum Pflegefall geworden.“ So plakativ formuliert es Karl Schulz, seit 2014 Geschäftsführer der Rummelsberger Dienste für Menschen und Vorstand der Rummelsberger Diakonie. Das ist keine Neuigkeit. Trotz vieler ungünstigen Wettervorhersagen hat der Pflegesektor es versäumt, sich warm anzuziehen. Wa-rum sich um ein „wetterfestes“ Konzept – um entsprechende Schutzkleidung kümmern, so lange es auch ohne ging? Ab und zu einen Flicken über den größten Riss zu nähen – das schien zu genügen. Sonst wäre auch mehr Geld nötig gewesen. =>

Novembernebel begrenzte die Hoffnung

Die originale Paulskirchenverfassung vor einem Bild der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Foto: epd/FEs schien ein Konflikt zwischen den Kräften des Lichts und der Finsternis zu sein: Diese Überhöhung erfuhr in Bayern ein Streit im Jahr 1831 darüber, wie Kinder aus konfessionellen Mischehen zu erziehen seien. Kein Zufall, so Christopher Clark in seinem opulenten Geschichtswerk „Frühling der Revolution“. In den Jahrzehnten des „Vormärzes“ vor 1848 geschah solche absolute Weltdeutung auch bei banalen Konflikten auf heilsgeschichtlicher Bühne. Besser: in pseudo-religiöser Sprache, auch wenn die Konflikte noch irdischer waren. Konkrete politische Ansprüche oder ökonomische Forderungen wurden zu Fragen gemeinschaftlicher Erlösung oder Verdammnis hochstilisiert: Die Gegner waren geradezu Ausgeburten der Hölle, die sich dem Heilsplan entgegenstellten. =>

Weltgebetstag zu Palästina noch möglich?

Brunhilde Raiser und Sally Azar. Fotos: privat/Andrea Krogmann KNA (WGT)„Wir hatten beide furchtbare Angst – wir haben nicht miteinander gesprochen. Er hat nur in die Ecke gestarrt und ich auf seine Hand.“ So berichtet Musa Abu Hashhashs, der für die Menschenrechtsorganisation B’Tselem tätig ist, in dem Informationsmagazin zum Weltgebetstag am 1. März 2024 in dramatischer Form: Mit einem Israeli steckte er über eine Stunde in einem Fahrstuhl fest. Neben ihm stand eine große Tasche: „Er dachte offenbar, ich hätte Sprengstoff dabei und würde mich mit ihm in die Luft sprengen. Dann bekam ich auch Angst, denn ich sah, dass er ein Gewehr hatte.“ Diese Episode findet sich in der Informationsbroschüre zum kommenden Weltgebetstag der Frauen am 1. März 2024. Zum zweiten Mal nach 30 Jahren haben Christinnen aus Palästina die Liturgie ausgearbeitet, obwohl noch rund ein Prozent dort christlich geprägt sind – 50.000 Menschen. Sicher steckt der „Fahrstuhl“ im Heiligen Land seit Jahrzehnten fest. Und nach den Ereignissen am 7. Oktober mehr denn je. Lässt sich ein solcher Gebetstag jetzt noch feiern wie geplant – zumal in Deutschland? =>

Neue Lieder oder bewährte Traditionen?

Detail der „Praxis Pietatis Melica“ von Johann Crüger mit vielen Texten von Paul Gerhardt: Diese Sammlung war eine der langlebigsten und erschien bis 1736, Ausgabe von 1690. Gesangbucharchiv der Uni Mainz. Foto: epd/FVor genau 500 Jahren entstand das erste Evangelische Gesangbuch: Zum Jahreswechsel 1523/24 kam eine erste kleine Liedsammlung der Reformation heraus. Anstoß dazu war jedoch zunächst nicht die Idee, einen allgemeinen Gemeindegesang zu schaffen, damit wohlklingende „Antworten auf das Wort Gottes“ zum Himmel steigen konnten. Nein, das entwickelte sich erst danach, so die Autoren des aktuellen Sammelbandes „Singt dem Herrn ein neues Lied: 500 Jahre Evangelisches Gesangbuch“.  Aber der unmittelbare Impuls bestand in der Hinrichtung zweier Augustinereremiten, die die Reformation unterstützten: Am 1. Juli 1523 erlitten Hendrik Vos Vos und Johannes van Esschen auf dem Marktplatz zu Brüssel den Feuertod. Als Antwort darauf dichtete Luther die Verse „Ein neues Lied wir heben an“. =>

Nicht von der Welt vergessen

Rolf Bareis in der evangelischen Kirche in Tiflis. Foto: ELKGErst einmal kofferweise warme Kleidung übergab Rolf Bareis dem armenischen Botschafter in Georgien. Seit Anfang 2023 ist der Württemberger neuer Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Georgien und dem Südlichen Kaukasus (ELKG), nachdem er zuvor bereits dort „bischöflicher Visitator“ war. In den Bergen des Kaukasus schneit es schon seit Anfang Oktober. Bareis betreut von der georgischen Hauptstadt Tiflis aus neun Gemeinden in diesem Land, in Armenien und einige wenige Gläubige in Aserbaidschans Hauptstadt Baku. Winterkleidung, Reparaturen an den Häusern, Zuschüsse für Heizkosten – das seien die nötigsten Hilfen für die geflüchteten Armenier aus Berg-Karabach oder Arzach, wie die Region auf Armenisch heißt. Fast alle der rund 120.000 Einwohner haben ihre Heimat verlassen – nach der Hungerblockade und der Offensive Aserbaidschans gegen ihre Heimat. Sie sind meist in Armenien bei Verwandten oder einfach hilfreichen Seelen untergekommen – obwohl Armenien selbst nur knapp drei Millionen Einwohner zählt. =>

Streitlust – durch Umbruchzeiten befeuert?

August Hermann Francke und die Ausstellung über StreitkulturSind wir aktuell besonders aggressiv? Und überschreiten allzu schnell die Grenzen zwischen notwendigen Auseinandersetzungen um den richtigen Umgang mit allerlei Krisen bis hin zu persönlichen Angriffen? Wer eine andere Meinung hat, ist verantwortungslos, gar ein schlechter Mensch! Das scheint ein Blick in Internet-Foren zu bestätigen. Doch auch zuvor gab es genug Grenzverletzungen. Damit setzen sich die Franckeschen Stiftungen in Halle in ihrer aktuellen Jahresausstellung zum Thema „Streit. Menschen, Medien, Mechanismen im 18. Jahrhundert und Heute“ auseinander. Ausgerechnet der Gründer dieses historischen Waisenhauses, August Hermann Francke, ließ vor 300 Jahren einen Streit eskalieren … =>