Hunger als Kriegswaffe

Hungerndes Kind in der äthiopischen Provinz Tigray. Foto: paElf Jahre, acht Kilo: Hilflos blickt der Arzt auf ein sterbendes Kind in einem Provinzkrankenhaus im Norden Äthiopiens. Es gibt keine Medikamente mehr und keine therapeutische Nahrung, um es zu retten. Sie können es nur noch palliativ versorgen, also beim Sterben begleiten. Der Hunger ist zurückgekehrt nach Äthiopien. Gerade in die nördliche Provinz Tigray: Die Zentralregierung blockiert seit Juni 2021 Hilfslieferungen dorthin. Im Schatten des Ukraine-Krieges herrscht dort noch immer ein besonders brutaler Bürgerkrieg seit Ende 2020. Hunderttausende Menschen hungern seit dem. Einem Arte-Fernsehteam um Charles Emptaz und Olivier Jobard gelang vor einigen Monaten eine Reportage von dort. Er geht an die Substanz, da er schonungslos die hilflose Not zeigt. … =>

Tiefe Gräben überwinden

Orthodoxer Priester in Äthiopien. Foto: pa (Detail)Ende Mai 1534 bekamen Martin Luther und Philipp Melanchthon in Wittenberg einen Besuch aus weiter Ferne: Der Mönch und Diakon Abba (Vater) Mika’el weilte mehrere Wochen in der Geburtsstadt der Reformation. Er diskutierte offenbar mit den Reformatoren über die theologischen Fragen. Das beschreibt Stanislau Paulau in der Reminiszere-Broschüre der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Es handelt sich bei diesem Dialog um keine folgenlose theologiegeschichtliche Kuriosität“, so Paulau in der EKD-Broschüre. „Vielmehr belegen Predigten und Tischreden Luthers, dass für ihn die Vorstellung von der Verbundenheit im Glauben mit den Christen Äthiopiens auch in den darauffolgenden Jahren theologisch wichtig war.“ … =>

„Wir verteilen unsere Hilfe nicht anonym“

Lebensmittelhilfe der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine„In diesem Jahr haben wir gesät und geerntet, dabei sind leider auch einige Menschen ums Leben gekommen“ – durch Munition und Minen überall auf den Feldern. So erklärte Pavlo Shvartz im vergangenen November vor der Synode der Estnischen Evangelischen Kirche. Er selbst ist Bischof der Deutschen Evangelischen Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) und gleichzeitig Pfarrer in Charkiw. In Estland zog er Bilanz, was der Krieg bisher aus seiner Perspektive angerichtet hat. Dies soll nun zusammengefasst sein, nachdem die Kämpfe inzwischen ein Jahr lang gehen. Gerade in seiner Heimat, in der ostukrainischen Stadt Charkiw „gibt es viele Schäden. Die meisten Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser, 50 Schulen und viele andere Gebäude, darunter auch Wohnhäuser, wurden zerstört. Der Wiederaufbau wird Jahre dauern.“ =>

Erneute Katastrophe bei Kälte und Krieg

Schutzsuchende in den Gemeinderäumen in Aleppo (ganz links stehend Pfarrer Haroutune Selimian) . Foto: Armenisch-Evangelischen Bethelgemeinde in AleppoGut „120 Gebäude sind in Aleppo völlig zerstört. Viele Menschen trauen sich nicht mehr in ihre Häuser. Sie haben Angst vor Nachbeben, und dass ihre Häuser und Wohnungen nicht mehr sicher sind. So kommen immer mehr Menschen zu uns in die Bethel-Kirche. Wir müssen sie versorgen. Unsere Poliklinik bei der Kirche leistet derzeit immens viel, um sie medizinisch zu versorgen“, so berichtete Pfarrer Haroutune Selimian aus dem syrischen Aleppo gleich nach dem Erdbeben telefonisch. Zusammen mit dem Gustav-Adolf-Werk (GAW) versuchen die Gemeinden dort Hilfe nach dem verheerenden Erdbeben zu leisten. Selbst die Reformierte Kirche in Transkarpatien in der Ukraine bot als Partner des GAW an, ihre Kollekte dafür zur Verfügung zu stellen. … =>

Knotenpunkt der Religionen und Kulturen

Statue von Bartholomäus Ziegenbalg in Traqubar. Foto: Noack/LindenmuseumLange vor den ersten Europäern gab es Christen in Südindien: Ja, angeblich brachte es direkt der Apostel Thomas ins Land, der dann dort das Martyrium erlangte. Erste archäologisch wasserdichte Spuren weisen zwar nur bis ins 16. Jahrhundert, doch gibt es viele ältere Traditionen. Sechs eigenständige Kirchen wollen auf ihn zurückgehen – meist mit orthodoxem oder syrisch geprägtem Ritus. Aber auch die kleine protestantisch-anglikanisch orientierte Mar-Thoma-Kirche. Ihre heutige Gestalt gewann sie während der britischen Kolonialzeit.  Diesem südindischen Kulturraum der Tamilen ist die aktuelle Sonderausstellung des Stuttgarter Linden-Museums gewidmet. … =>

Weltweite Vernetzung besser verstehen

Lithium AbbauStraßenkämpfe in Peru – sie schaffen es sogar in die Hauptnachrichtensendungen. Da gab es nach der Absetzung und Verhaftung des ehemaligen Präsidenten Pedro Castillo massive Unruhen. Oder der Sturm auf das Regierungsviertel in Brasilien Anfang Januar. Auch die Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach Argentinien, Chile und Brasilien zur Sicherung weiterer Rohstoffe aus diesem Ländern Ende Januar war Gegenstand ausführlicher Berichterstattung. Doch selbst da blieben viele Hintergründe im Dämmerlicht. Ansonsten scheint aber der Kontinent oft im Schatten der Berichterstattung zu stehen. Die Lateinamerikawoche bemüht sich jährlich darum, dies zu ändern. Zu dem vielfältigen Unterstützerkreis gehört an herausragender Stelle auch Mission EineWelt. Auch evangelisch-lutherische Kirchen in Lateinamerika stellen sich der Verantwortung gegenüber der Umwelt und schwächeren Mitgliedern der Gesellschaft.  … =>

Gewagter Neubau des brennenden Hauses

Webar Troeltsch: Biografie von Friedrich Wilhelm GrafDer Zank der theologischen Parteien ist wie ein Kinderstreit inmitten eines brennenden Hauses“, so Ernst Troeltsch schon früh. Er verstarb vor genau hundert Jahren am 1. Februar 1923. Rechtzeitig zu diesem Anlass erschien eine umfangreiche Einführung in sein Leben und Werk von Friedrich Wilhelm Graf, einem der größten Kenner dieses Theologen. Anhand seines 600-Seiten-Werkes sollen nun einige Schneisen in die Liebenswelt und die Denkhorizonte Ernst Troeltschs geschlagen werden. Dessen Vita ist schnell erzählt: Am 17. Februar 1865 erblickte er als ältester Sohn einer Arztfamilie in Haunstetten, inzwischen ein Stadtteil Augsburgs, das Licht der Welt. … =>

Letzte Versuchung Bonhoeffers?

Professor Ralf Frisch: Neue Deutung von Dietrich BonhoefferIst nicht schon längst alles gesagt, über Dietrich Bonhoeffer, den „protestantischen Heiligen“? Ralf Frisch, Professor an der Evangelischen Hochschule Nürnberg sowie lange theologischer Referent bei der Bayerischen Landessynode, geht in seinem aktuellen Buch „Widerstand und Versuchung“ neue Wege: Er untersucht noch einmal die Denkrichtungen des Berliner Theologen, der am 4. Februar 1906 das Licht der Welt erblickte. Frisch liest dessen „Widerstand und Ergebung“ aus der Haft nicht als wegweisenden Aufbruch zu neuen theologischen Ufern, sondern als Ausdruck einer Versuchung: Dabei gerate die Theologie Bonhoeffers im Gefängnis „aus den Fugen“. … =>

Flammenengel stürzt ins Dunkel und Chaos

Marc Chagall: Engelsturz, Schirn-Kunsthalle Frankfurt am Main, aus Basel als Leihgabe zur Verfügung gestelltDer sprichwörtliche Maler der Leichtigkeit malte auch in düsteren Farben. Das zeigt gerade die Frankfurter Schirn-Kunsthalle am Römerberg mit einer aktuellen Chagall-Ausstellung unter dem Titel „Welt in Aufruhr“. Sie macht anschaulich, wie auch düstere Schaffensphasen das Werk dieses langlebigen Künstlers (1887–1985) prägten.„Chagalls Arbeiten der 1930er- und 1940er-Jahre sind stark beeinflusst von den politischen Entwicklungen in Europa und seiner eigenen Lebnserfahrungen. So soll in diesem Jahr zum Holocaust-Gedenktag an sein Werk und die Ausstellung erinnert sein. Er identifizierte sich mit den Ermordeten. Zugleich setzte er sich mit Jesus als Repräsentant des leidenden Volkes Gottes auseinander. =>

Kampf gegen Chaosmächte

Psalter aus St.Blasien in der Habsburger-Ausstellung. Foto: Museum im Benediktinerstift Stift St. Paul,Gerfried SitarKonnte das sein, die Auferstehung eines Herrschers? Der erste regierende Habsburger Rudolf I. erhielt 1284 eine irritierende Nachricht: Kaiser Friedrich II. lud ihm zu einem Hoftag nach Frankfurt ein, um ihn dort als Mitregent mit dem deutschen Königtum zu belehnen. So beschreibt es Alexander Schubert im Katalog der aktuellen Habsburger-Ausstellung in Speyer über dieses Herrscherhaus. Über die Ausstellung hinaus zeigen sich spannende Aspekte der Herrschaftssicherung über die Zeiten hinweg als Kampf gegen Chaosmächte. Denn der Stauferkaiser Friedrich II. war schon 1250 verstorben … =>